logo art-in-berlin.de
Berlin Daily 07.11.2024
Gespräch: Fremde aber wirksame Materie

19 Uhr: zwischen dem Musiker und Künstler Manuel Sekou und Anna Zett im Rahmen der Ausstellung "Die Kids sind nicht alright!". Galerie Adlershof im Kulturzentrum Alte Schule | Dörpfeldstraße 54-56 | 12489 Berlin

Zeitgenössische Kunst im Krankenhaus. Macht das Sinn?

von chk (25.10.2024)


Zeitgenössische Kunst im Krankenhaus. Macht das Sinn?

Sverre Wyller, Ausstellung "Westend" auf der chirurgischen Station in den DRK Kliniken Berlin Westend, 2018; Foto: Dagmar Morath

Die Kunstwissenschaftlerin, Kritikerin und Kuratorin Anne Marie Freybourg machte Anfang der 80er Jahre mit dem Büro „Kunstpraxis“ in der Berliner Kunstszene auf sich aufmerksam. Sie arbeitete mit René Block und Harald Szeemann als freie Kuratorin und hat u. a. das Goldrausch-Künstlerinnenprojekt zusammen mit der Soziologin Ute Birk gegründet und aufgebaut.
Im Jahr 2002 gründeten Mitarbeitende der DRK Kliniken Berlin Westend gemeinsam mit Anne Marie Freybourg den »Förderverein “Kunst Im Westend”«. Sie konzipierte und kuratierte im Krankenhaus über 50 Ausstellungen und bettete viele davon in ein umfangreiches Rahmenprogramm zur Vertiefung des Themas “Kunst und Medizin” ein. Nach 22 Jahren beendet sie ihre Tätigkeit und geht neue Wege. Wir sprachen mit Anne Marie Freybourg über ihre Erfahrungen mit zeitgenössischer Kunst im Kontext von Gesundheit, Kranksein und Heilung.


Carola Hartlieb-Kühn: Liebe Anne Marie, lass uns zunächst über die Anfänge dieses ungewöhnlichen Projekts sprechen. Wie kam es dazu, Kunst im Kontext eines Krankenhauses initiieren zu wollen? Und an wen war das Projekt gerichtet?

Anne Marie Freybourg: Normalerweise will man als Kuratorin eher in Institutionen wie einem Kunstverein oder im Museum arbeiten und stellt sich nicht einen kunstfernen Ort wie das Krankenhaus vor. Ich hatte durch die Ausstellungen, die wir jährlich mit den Teilnehmerinnen des Goldrausch-Künstlerinnenprojektes zum Abschluss des Kurses gemacht haben und für die wir jedes Jahr einen anderen Ausstellungsort in Berlin gesucht haben, schon viel Erfahrungen darin gesammelt, auch an ungewöhnlichen Orten Kunst zu präsentieren.
Auf das Krankenhaus stieß ich durch Zufall: Ich war wegen einer kleinen Operation im Krankenhaus Westend gelandet und stellte fest, dass dort zwar vereinzelt Bilder und Poster an den Wänden hingen, aber das war es. Ich fragte damals den Arzt, was diese etwas wilde Mischung auf den Fluren zu bedeuten hat, und er erwiderte nur: Haben Sie einen besseren Vorschlag? So kam es 2001 in der Frauenklinik der DRK-Kliniken Berlin-Westend zur ersten Ausstellung.

Das Projekt richtete sich aus meiner Perspektive primär an die Patientinnen der Klinik. Erst im Laufe der ersten zwei Jahre realisierte ich, dass es auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ganz wichtig schien, dass Kunst in ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld präsent war. Das zeigte sich sehr deutlich an den Reaktionen der Mitarbeitenden. Sie freuten sich oder stellten Fragen, sie kritisierten die Kunstwerke, und manchmal regten sie sich auch über die Kunst auf. Wichtig ist zu wissen, dass wir die Kunst nicht in gesonderten Aufenthaltsbereichen oder in den Eingangshallen des Krankenhauses, sondern auf den Fluren der einzelnen Krankenhausstationen, mitten im Getümmel des Klinikalltags, zeigen.

Carola Hartlieb-Kühn: Wie kann Kunst zur Heilung beitragen? Gab es in diesem Zusammenhang einen “roten Faden”, dem du in deinem Ausstellungskonzept gefolgt bist?

Anne Marie Freybourg: Ich habe mich von Anfang sehr für die wissenschaftliche Erforschung der Frage interessiert, ob Kunst zur Heilung beitragen kann. Es gab schon in den 1970er Jahren eine aktive Bewegung in Deutschland, Kunst in die Krankenhäuser zu bringen. Diese währte jedoch nicht lange, weil man sich nicht verständigen konnte zwischen einem kunsttherapeutischen Ansatz, in dem Patienten selber malen oder bildhauern, und einem Ansatz, Kunst sozusagen pur, d.h. professionelle Kunst zu den Patienten zu bringen.

Mir war von vornherein klar, dass ich als Kunstwissenschaftlerin nur letzteren Ansatz verfolgen konnte, weil ich mich von Anfang an mit wissenschaftlichen Studien beschäftigte, die sich empirisch darauf bezogen, wie das Betrachten von Kunst auf den Menschen und im Speziellen auf Patienten wirken kann. Ich stieß damals auf eine große Studie aus Großbritannien. Übrigens ist Großbritannien ein Land, das sich sehr früh mit der Frage, ob Kunst zur Heilung beitragen kann, beschäftigt und dafür Gelder zur Verfügung gestellt hat. In London am Chelsea Hospital gab es eine Wissenschaftlerin, die über einen längeren Zeitraum und in verschiedenen Studien empirisch erforscht hat, welche somatischen und psychologischen Effekte Kunstbetrachtung auf die Patienten hat. Diese habe ich in London getroffen und blieb dann weiter auf der Suche nach empirischen Untersuchungen, wie Kunst zur Stabilisierung des Zustandes von Patienten und Patientinnen beitragen kann. Uns ist es im Westend – trotz zweier Anläufe – nicht gelungen, eine solche Studie zu initiieren. Bisher gibt es dafür in Deutschland kaum öffentliche Gelder.

In dem Verein „Kunst im Westend“ waren wir uns von vornherein einig, dass, um die beste Wirkung für die Patienten erzielen zu können, es um Kunst bester Qualität gehen muss. Das mag sich elitär anhören, aber wir waren überzeugt, dass es im Krankenhaus ganz wesentlich ist, künstlerische Arbeiten zu zeigen, in denen Lebenserfahrung steckt und in die hohe ästhetische Kompetenz eingeflossen ist.
Erst dann kann Kunst so ausstrahlen, dass sie den Betrachter, egal, in welcher Lage er sich gerade befindet und welche Vorkenntnisse er hat, erreicht.
Das sind Erfahrungen, die ich vor allem in den 1980er Jahren in der Zusammenarbeit mit dem Ausstellungsmacher Harald Szeemann gemacht habe. Harald Szeemann sprach immer gerne von den ästhetischen „Schwingungen“ der Kunstwerke, die auf den Betrachter ausstrahlen und ihn emotional berühren. Denn wenn es eine Kunst ist, in die die Energien und der Mut der Künstler und Künstlerinnen eingeflossen sind, dann erreicht die Kunst den Menschen fast immer. Es gibt dann nur wenige, die kühl an den Werken vorbeigehen.

Carola Hartlieb-Kühn: Die Installation “zeige deine Wunde” von Joseph Beuys aus den 70er Jahren setzt sich mit Heilungsprozessen auseinander, die durch das Offenlegen von Krankheit beginnen können. Auch bei Kader Attia spielt das Heilen eine große Rolle. Hast du in den von dir kuratierten Ausstellungen auf Positionen zurückgegriffen, die das Thema in irgendeiner Weise thematisierten?

Anne Marie Freybourg: Beuys hat gesagt, ihm geht es um das Offenlegen und Offenbaren von Krankheit und damit könne dann auch ein Heilungsprozess ausgelöst werden. Ich glaube nicht, dass dieser Ansatz von Beuys im Krankenhaus funktionieren würde. Seine Überzeugung, die Wunden zu offenbaren und sie dadurch heilen zu können, ist ein metaphorischer Ansatz. Die Arbeit hat damals an dem Ort, wofür Beuys sie konzipiert hatte, in einer Unterführung in München, vielleicht gut als Übertragung einer Heilungsvorstellung an einen unwirtlichen, städtischen Untergrund funktionieren können. Im Krankenhaus sind aber die Wunden und die Herausforderung der Verletzung somatisch und die Erfahrung der eigenen Verletzlichkeit psychisch höchst konkret. Daher würde hier dieser metaphorische und symbolisch aufgeladene Ansatz von Josef Beuys nicht verfangen. Ich bin der Meinung, dass Beuys´ spezielle Poesie den geradezu konträren, nichtmedizinischen Raum braucht und dass sie im Krankenhausflur verloren wäre.

Bei Kader Attia ist „Reparatur“, auch im Sinne des Heilens, ein zentraler Begriff, der bei ihm aber über das Individuum hinausgeht. Das Krankenhaus ist ein Ort, wo man als Mensch auf sich zurückgeworfen ist und sich als verletzliches Individuum wahrnimmt. Es mag sein, dass von Ärzten manche Operation auch als Reparatur dargestellt wird, aber soweit ich das mitbekommen habe, spricht im Krankenhaus niemand von „Reparatur“.

Responsive image
Lasse Pook, 2019, Ausstellung Junge Kunst aus der Burg Giebichenstein, DRK Kliniken Berlin Westend, Geburtsklinik, Foto: Dagmar Morath

Carola Hartlieb-Kühn: Unter den ausgestellten Künstler:innen finden sich Namen wie Leiko Ikemura, Olav Christopher Jenssen oder Georg Baselitz, aber auch junge Positionen, z.B. mit Studierenden von der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. War es schwierig, sie zu überzeugen, im Krankenhauskontext auszustellen? Wie haben sie reagiert?

Anne Marie Freybourg: Eigentlich war es für mich nie schwierig, mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen und sie für unsere Idee zu gewinnen. Die meisten zeigten sich aufgeschlossen und waren bereit, an diesen ungewöhnlichen Ort zu gehen. Sie vertrauten darauf, dass wir gute und sensibel inszenierte Ausstellungen machen.
Das sprach sich in der Kunstszene herum. Mit Leiko Ikemura zum Beispiel konzipierte ich gemeinsam eine Ausstellung. Sie hatte die schöne Idee, dass, anders als in Galerien oder Museen, wo es darum geht, die neuesten Werke oder die „Meisterwerke“ zu präsentieren, das Krankenhaus für sie die Möglichkeit bot, Zeichnungen, Skizzen, Aquarelle aus ihren Archivschränken, also intime Arbeiten, an diesem Ort zeigen zu können.

Ich glaube, in dieser langen Zeit, in der ich mit insgesamt 94 Künstlern zusammengearbeitet habe, zeigten sich nur drei sehr reserviert.
Sehr schön war es immer wieder, mit ganz jungen Kunstschaffenden zusammenzuarbeiten. So zum Beispiel mit den Studierenden von der Burg Giebichenstein, der Kunsthochschule Halle. Ich kannte diese Klasse, weil ich auf Einladung ihrer Professorin Sophia Schama ein paar Mal bei ihnen zu Besuch war.
Die Studierenden waren mitten im Studium, trotzdem fragte ich sie, ob sie den Schritt wagen würden, im Krankenhauses Westend auszustellen. Sie kamen gemeinsam von Halle nach Berlin zum Aufbau. Es waren, wie sie sagten, zwei aufregende Tage, zu erleben, wie dort die Menschen auf ihre Kunst reagierten. Sie haben für sich die Einsicht gewonnen, was es bedeutet Künstler und Künstlerin zu sein. Denn es geht nicht allein darum, sich im Kunstbetrieb und auf dem Kunstmarkt zu positionieren, sondern dass Kunst auch ganz andere Aufgaben haben kann als verkäuflich zu sein.

Responsive image
Richard Dunn, Ausstellung "mannig.faltig", DRK Kliniken Berlin, Unfallchirurgie, 2006, Foto: Dr. Cordia Schlegelmilch

Carola Hartlieb-Kühn: Hast du die Erfahrung gemacht, dass eine bestimmte Art von Kunst sich besonders eignet? Kunst, auf die die Patienten und vielleicht auch das Klinikpersonal sehr positiv reagiert haben.

Anne Marie Freybourg: Meine Erfahrung ist, dass figürliche Kunst problematisch sein kann, weil sie manchmal Assoziationen auslöst, die auf Patienten verstörend wirken, das heißt, wenn das Figürliche zu nah an die gerade erlebte verletzte Körperlichkeit gerät.
Abstrakte Kunst funktioniert meines Erachtens besser. Allerdings mit einer Einschränkung: am Anfang gab es unter den Mitarbeitern eine regelrechte Angst vor abstrakten Bildern. Erst im Laufe der Zeit konnte ich ihnen diese Angst nehmen. Wir führen zu fast jeder Ausstellung Kunstgespräche mit den Mitarbeitenden durch. Dadurch entwickelt sich ein Verständnis dafür, dass man in abstrakten Bildern nicht danach suchen muss, etwas Konkretes zu identifizieren. Vielmehr geht es darum, die Farbe auf sich wirken zu lassen, den Rhythmus der Formen aufzunehmen und einzutauchen in ein Betrachten, das eben nicht auf das Identifizieren von erkennbaren Gegenständen ausgerichtet ist.

Deswegen zeigte ich auch wenig Fotografie auf den Stationen. Fotografie ist ein Medium, das leicht dazu verführt, sich an dem Abgebildeten festzuhalten und kaum den Formen und der Komposition des gesamten Bildes Beachtung zu schenken. Fotografie präsentierte ich eigentlich nur in der Augenklinik. Das schien mir sinnvoll, weil die Patienten oft gerade in ihrem Sehen verunsichert sind und vielleicht nicht mehr scharf sehen können. Da ist die Klarheit der Fotografie für die Patienten sehr angenehm.

Carola Hartlieb-Kühn: Braucht Kunst im Krankenhaus eine bestimmte Präsentationsform, um Nähe zu vermitteln?

Anne Marie Freybourg: Wir versuchen, die Arbeiten so professionell zu installieren, wie es zum Beispiel in den sorgfältigen konzipierten Ausstellungen im Berliner Kupferstichkabinett gemacht wird. Die Kunst wird, wie schon gesagt, ausschließlich auf den Stationsfluren, also nicht in Bereichen wie der Eingangshalle oder ähnlichem ausgestellt. Krankenhausflure sind bekanntermaßen lang, ständig durch Türen und Feuerlöscher und Hygienespender unterbrochen. Mit all diesen Besonderheiten muss man umgehen und trotzdem eine Ausstellung hinbekommen, die wirklich durch die Flure führt, sodass ein in sich schlüssiges Erlebnis entstehen kann.
Die Physiotherapeuten, gerade in der Unfallchirurgie, haben mir immer gesagt, dass es ganz toll ist, dass sie der Patientin sagen können, heute haben sie es bis zu diesem Bild geschafft und morgen, da gehen wir bis zu jenem Bild. Das ist natürlich nicht die Absicht der Ausstellung, dass man kleine Wegmarken legt, aber doch ein schöner Nebeneffekt.
Wichtig ist bei der Abfolge der Kunstwerke meiner Auffassung nach, dass das Entlanggehen durch die Flure für den Betrachter einen Sinn macht, dass das Auge mitgenommen wird, dass man von Bild zu Bild in eine bestimmte Stimmung versetzt wird, man eine ästhetische Erfahrung durchlebt. Ich bin kein Freund davon, in den Krankenhausfluren abrupte Wechsel zu inszenieren. Man sollte sich sowohl in die Patienten versetzen, die vielleicht unsicher gehen oder die in Gedanken über ihre Erkrankung versunken sind, als auch in die eilig vorbeilaufenden Schwestern und Pfleger. Ich habe immer darauf geachtet, dass von dem einen Bild zum nächsten ein smoother Fluss entsteht. Ich inszeniere im Krankenhaus keine moderne Filmmontage mit harten Schnitten und hohem Tempo.

Carola Hartlieb-Kühn: Und gibt es eine Ausstellung, die du in diesem Zusammenhang besonders hervorheben möchtest?

Anne Marie Freybourg: Ja, es war die Ausstellung mit dem norwegischen Künstler Sverre Wyller. Wir waren anderthalb Jahre im Voraus im Gespräch und er fragte mich: "Gibst Du mir dafür eine Carte Blanche? Ich möchte eine Serie von Gemälden entwickeln, die nur fürs Westend ist. Hast du Vertrauen?“ Das hatte ich. Sverre Wyller malte ein Jahr lang, ohne dass ich wusste, was er wirklich vorhatte. Gelegentlich rief ich an und fragte, wie der Stand der Dinge ist. Aber ich bekam nie besonders konkrete Auskünfte. Und dann, als er sagte, ich bin fertig, habe ich ihn in seinem Studio in Oslo besucht. Ich war verblüfft, dass er eine umfangreiche Serie mit 32 teils sehr großformatigen Bilder geschaffen hatte. Ich wusste, dass er in seiner Malerei gerne Bezug nimmt auf bestimmte Orte und plante, seine Ausstellung „Westend“ zu nennen, aber dieses Sich-Einlassen, dieses große Engagement hat mich berührt und gerührt.
Es sind Bilder, die aufgeteilt sind in eine rechte und eine linke Hälfte. Die Farbkonstellation ist meist fast monochrom, doch sie verändert sich von der einen Hälfte in die nächste hinüber. Es ist kein Farbverlauf, sondern wie in einem Umbruch wechselt die Farbe exakt in der Mitte des Bildes. Wyller war es wichtig, diesen Umschwung zum Beispiel von einem helleren Blau in einem dunkleres Blau als subtile Veränderung zu formulieren, wie sie sicher fast jeder Patient tagtäglich, von Stunde zu Stunde für sich selbst erlebt. Zuerst lösten die Bilder Verunsicherung aus, gerade die Ärzte waren über die sehr minimalistische Ausstellung etwas verblüfft. Doch dann haben sie alle erlebt, dass diese großen, farblich schönen Bilder die Flure mit einer ganz anderen Atmosphäre versehen haben, dass man, wenn man den Flur entlang ging, durch Farbstrahlungen und Farbschwingungen ging. Besonders die Patienten mochten die Ausstellung, weil sie eine große beruhigende Wirkung hatte und trotzdem jedem Bild dieser Veränderungsprozess innewohnte. Heute hängen einige der Werke aus der Ausstellung in norwegischen Museen unter dem Titel “Westend“.

Responsive image
Marilyn Green, Ausstellung "Bekannte Berliner Künstler" auf der Kardiologie, DRK Kliniken Berlin Westend, Foto: Anne Marie Freybourg

Carola Hartlieb-Kühn: Du hast kürzlich zusammen mit dem Radiologen und Vorsitzenden des Fördervereins „Kunst im Westend“ Bernd Frericks das Buch “Positive Impulse – Zeitgenössische Kunst im Krankenhaus” herausgegeben. Was war euer Anliegen?

Anne Marie Freybourg: Die Publikation haben wir anlässlich des 22-jährigen Bestehens des Fördervereins „Kunst im Krankenhaus“ herausgegeben. In Interviews mit Ärzten und Schwestern erkunden wir, wie sich die Kunstausstellungen für sie und in ihrem Arbeitsumfeld, auf die Arbeitsatmosphäre ausgewirkt haben. Anhand von sieben internationale wissenschaftliche Studien legen wir dar, wie sich Kunst somatisch und neurophysiologisch bei den Patienten auswirkt und welche positiven Effekte dadurch für die Genesung ausgelöst werden können. Zwei Best Practices aus Dänemark und aus Frankreich veranschaulichen das Ganze.
Es war uns als Herausgebern wichtig zu zeigen, dass Kunst im Krankenhaus als Thema wirklich ernst zu nehmen ist und auf die Agenda sollte. Am besten wäre es, wenn das Anliegen wie „Kunst am Bau“, das bei öffentlichen Bauten schon seit langem eine absolute Selbstverständlichkeit ist, auch für „Kunst im Krankenhaus“ gelten würde und Krankenhäuser darin unterstützt würden, solche Programme zu entwickeln.

Carola Hartlieb-Kühn: Nach 22 Jahren beendest du deine Tätigkeit in dem Förderverein. Du hast gesagt, du willst dich wieder mehr auf das Schreiben über Kunst konzentrieren. Vermutlich schwebt dir schon etwas Konkretes vor, oder?

Anne Marie Freybourg: Mir war es eine große Freude, dieses Kunstprogramm mit den Ärzten und Schwestern gemeinsam zu entwickeln und auch so weit zu etablieren, dass es heute auf stabilen Beinen steht und vom Krankenhaus weitergetragen wird. Während der Corona-Zeit, als wir keine neuen Ausstellungen machen konnten, habe ich wieder verstärkt Texte über Kunst geschrieben. Ich habe in dieser Zeit ein Buch begonnen, das heißt »Neugierig vor Bildern«. Darin geht auch vieles ein, was ich im Krankenhaus über das Betrachten von Bildern gelernt habe. Mehr möchte ich noch nicht verraten. Jetzt werde ich das Buch noch mal feinschleifen und hoffe, dass es im nächsten Frühjahr dann auf den Markt kommt.

PS.: Noch ein Nachtrag zu der Publikation »Positive Impulse«. Gerade ist das Buch auf der Frankfurter Buchmesse von dem Verlag „avedition“, einem sehr feinen und engagierten Verlag aus Stuttgart, vorgestellt worden. Es ist jetzt also überall über den Buchhandel zu erwerben. Die Publikation ist reich bebildert, umfasst 96 Seiten und ist eine lebendige Mischung aus Katalog und Magazin. Und »Positive Impulse« kosten nur 24 Euro.

chk

weitere Artikel von chk

Newsletter bestellen




top

Titel zum Thema Interview:

Zeitgenössische Kunst im Krankenhaus. Macht das Sinn?
Gespräch: Wir sprachen mit der Kunstwissenschaftlerin, Kritikerin und Kuratorin Anne Marie Freybourg über ihre Erfahrungen mit zeitgenössischer Kunst im Kontext von Gesundheit, Kranksein und Heilung.

Imaginierte Sehnsuchtsorte. Die Künstlerin Rubica von Streng im Interview.


"Heimat: ein universelles und zugleich persönliches Konzept"
In einer temporären Galerie unweit des Bahnhofs Gesundbrunnen zeigen 40 Künstler:innen aus aller Welt vom 1.-12.6. ihre Positionen zu kultureller Identität und Zugehörigkeit. Frank Lassak sprach mit Kuratorin Georgina Magklara über die Ausstellungsidee. (Gastbeitrag)

Der Akt wird zur Akteurin
Gastbeitrag: Frank Lassak sprach mit der Künstlerin Stephanie Pech über ihre Ausstellung im Kunsthaus Potsdam und ihre Performance „Hybrid Moves“.

Bettina Hutschek: Snake Chronicles
Gastbeitrag: Ein Gespräch der Kuratorin und Kunstwissenschaftlerin Verena Voigt mit der Künstlerin Bettina Hutschek über Mythen und Misogynie anlässlich ihrer Teilnahme an der maltabiennale.art 2024

Artist Talk zum Weltfrauenmonat
Gastbeitrag: Ein Interview von Frank Lassak mit der Künstlerin Rubica von Streng und der Galeristin Sara Lily Perez.

"American Pop Culture Is Black Culture"
Die Ausstellung ULYSSES JENKINS: WITHOUT YOUR INTERPRETATION in der Julia Stoschek Collection endet am Sonntag (30.7.). Ein aufschlussreiches Interview führte Hanna Komornitzyk mit der Co-Kuratorin Meg Onli.

Die Stimmungen der Zeit festhalten. Die Künstlerin Rubica von Streng im Interview.
Die Stimmungen der Zeit festzuhalten, erweist sich gerade bei einer so facettenreichen Gesellschaft wie der des 21. Jahrhunderts als sehr komplex. Ich arbeite deshalb auch gern mit Fragmenten. (Rubica von Streng)

COMM: Das Pop-up Büro fürs Museum
Im Interview Maximilian Wahlich mit Carolina Hanke und Fee Wedepohl von COMM: Das Pop-up Büro fürs Museum

Im Gespräch mit dem Fotografen Volker Hagemann
Volker Hagemanns Arbeiten greifen Phänomene der Alltagskultur im Kontext kulturgeschichtlicher Prägung auf. Seine Fotografie steht fast immer im Kontext aktueller Diskurse (Medientheorie, Raumtheorie); ebenso wichtig sind ihm die ästhetische Dimension und eine intuitive Lesbarkeit.

Der Raum als leeres Blatt Papier
Interview: Ferial Nadja Karrasch im Gespräch von mit der Künstlerin Akane Kimbara.

„Es gibt in der Kunst keine eindeutigen Antworten.“
Ein Gespräch mit der Künstlerin Clara Brörmann.

Interviews in Ausnahmesituationen – mit Zuzanna Skiba
Urszula Usakowska-Wolff im Gespräch mit Zuzanna Skiba: "Je dramatischer einem das Leben begegnet, desto individueller kann die künstlerische Arbeit werden, wenn man sie kompromisslos ehrlich und authentisch betreibt. ..."

Käthe Kruse im Interview
Am Samstag (11.7.) endet die Ausstellung Käthe Kruse: 366 Tage in der Galerie Zwinger. Aus diesem Grund nochmals unser Interview mit der Künstlerin.

Interviews in Ausnahmesituationen – mit Simone Haack
Urszula Usakowska-Wolff im Gespräch mit Simone Haack: „Mein Hauptgefühl war zuerst, ausgebremst zu sein. Aber jetzt habe ich schon eine fast romantische Erinnerung an diese Lockdown-Zeit.“

top

zur Startseite

Anzeige
Gulia Groenke

Anzeige
Responsive image

Anzeige
Denkmalprozesse Leipzig

Anzeige
aladag Magdeburg

Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
VILLA HEIKE




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Galerie im Körnerpark




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Galerie Beyond.Reality.




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
GalerieETAGE im Museum Reinickendorf




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin




© 1999 - 2023, art-in-berlin.de Kunstagentur Thomessen Hartlieb-Kühn GbR.