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Berlin Daily 21.11.2024
Vortrag: Elisabeth Heymer

19:00 Uhr: Verpuppte Kunst. Marionetten in der europäischen Avantgarde. online + Einstein Forum | Am Neuen Markt 7 | 14467 Potsdam

AUFRUF ZUM HANDELN

von Maximilian Wahlich (10.07.2024)
vorher Abb. AUFRUF ZUM HANDELN

Ausstellungsflyer

SAVVY Contemporary versteht sich als ein Archiv, Ausstellungsort und Diskursforum für dekoloniale Praktiken. Das aktuelle Programm heißt TRANSITIONS (dt.: Übergänge). Demnach findet Dekolonisierung durch die permanente „Neudefinition, Neuausrichtung, Rückbesinnung und Rekonfiguration von Seinsweisen“ statt.

LABO*R: AN INVITATION TO ACTION... A BASIS FOR HOPE (dt.: LABO*R EIN AUFRUF ZUM HANDELN... EINE BASIS für HOFFNUNG) gehört zum Zweiten Teil von TRANSITIONS und begreift sich als Forschungs-, Ausstellungs- und Laborprojekt. 

„A Luta Continua“ (dt.: Der Kampf geht weiter)
steht in roten Buchstaben auf einem Plakat des Medu Art Ensemble, deren Plakate aus den 1970er bis 1980er-Jahren in der Ausstellung zu sehen sind. Die Mitglieder der Gruppe vermieden die Berufsbezeichnung des*der „Künstler*in“ und nutzen den Begriff der "Kulturarbeitenden". Sie setzten sich für eine Vielzahl demokratischer Massenbewegungen ein: sie kämpften gegen die Apartheid und unterstützten die Kämpfe der Arbeiter*innen in den Ziegelfabriken von Durban, in den Textil-, Metall- und Chemiefabriken, der Studierenden und Lehrenden des Soweto-Aufstands oder der Schriftsteller*innen und Dramatiker*innen der Black-Consciousness-Bewegung. Für Medu war dieser Kampf der Arbeiter*innen eng verbunden mit antikolonialen Bestrebungen.

In der Ausstellung bei SAVVY werden die (künstlerischen) Beiträge kaum kontextualisiert. Ein Heft informiert über Autorschaft, Titel, Entstehungsjahr und Technik. Damit ergibt sich für die meisten Werke ein ganz grober Rahmen, der assoziativ gefüllt wird. SAVVY nutzt nicht den klassisch westlichen Ausstellungsmodus, wo ein Text mit Fremdwörtern den Menschen erklärt, was sie sehen.
Dagegen lädt SAVVY die Besuchenden ein zu interpretieren. Die Ausstellung öffnet sich für andere Zugänge und fordert zu Aktivismus auf.

Für die Besuchenden heißt das: Nicht zurücklehnen und berieseln lassen, sondern Mut beim Interpretieren! Vielleicht finden sich ja Verwandtschaften zwischen den Lebenssituationen. Die Ausstellung überzeugt durch ihr Konzept und nicht die eine einzelne Position wie folgende Beispiele exemplarisch zeigen.

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DOMiD, Selection of archival material on the guest workers period in Germany
1972–2024, press articles, posters, video documentation, Foto: Hackenberg/ DOMiD-Archiv, Köln


Wir riefen Arbeiter. Es kamen Menschen
Auf der Außenfläche der Schaufenster hängt eine Zusammenstellung von Fotografien aus einem partizipativen Rechercheprojekt des Museum Friedrichshain-Kreuzberg. Gesucht wurden Fotos von Menschen, die einen Eindruck ihrer Arbeit vermitteln. Ergänzt werden sie von Fragestellungen wie „Wann hast du das letzte Mal Freude empfunden, als du zur Arbeit gegangen bist?“
Im Ausstellungsraum liegt eine große Auswahl an Zeitungsausschnitte und Broschüren zu der Geschichte der Gastarbeiter*innen in West-Deutschland, zusammengestellt und gesammelt von den DOMiD, Robert Young und Amirali Ghasemi. Mit dem geschichtlichen Bezug knüpft SAVVY an seine Weddinger Nachbarschaft. Hier wohnen zahlreiche Menschen mit ihren Familien, die in den 1960er bis 1980er-Jahren als Gastarbeiter*innen nach Deutschland kamen. Viele hatten Knochenjobs mit geringem Ansehen. Die Menschen arbeiteten hart und bauten sich von dem Verdienst eine Existenz auf. Die Arbeit – so wurde ihnen erzählt – schaffe gesellschaftliche Teilhabe. Doch statt Teilhabe überwogen Zuschreibungen, die das „Anders-sein“ dieser Menschen betonten.

SAVVY behauptet nicht, dass es den Gastarbeiter*innen genauso geht wie kolonialisierten Menschen außerhalb Europas. Es werden lediglich Parallelen angedeutet. Vor allem sollen mögliche Allianzen sichtbar werden: Das Aufzeigen ähnlicher Interessensgebiete und Ziele. Die Ausstellung wirbt um einen solidarischen Zusammenschluss demokratischer Bewegungen, wo nicht mehr das „Anders-sein“ einer Gruppe im Vordergrund steht.

Mit Alaa Abdullatif, Andi.Andean, Aziza Ahmad, Jasmina Al-Qaisi, Marwa Arsanios, Qusay Awad, Kathleen Bomani, Diego Bruno, Rüzgâr Buşki, Santiago Calderón, Das Freie Werkstatt Prinzip, Jemma Desai, Santiago Doljanin, DOMiD, Melissa Dullius, Lama El Khatib, Helga Elsner Torres, Fehras Publishing Practices, Emmanuel Tanka Fonta, *foundationClass, Juan Pablo García Sossa, Amirali Ghasemi, Joy Gregory, Daniellis Hernandez Calderon, Satch Hoyt, Mary Jirmanus Saba & Raisa Galofre, Pekko Koskinen, Pisitakun Kuantalaeng, Rafał Łazar, Alessandro Longo, Doriane Mbenoun, Medu Art Ensemble (with Kebotlhale Motseothata and Judy Seidman), Elia Nurvista, Tambisan sa Sining, Jamilah Sabur, SAVVY Kwata Kerala, Grace Dorothée Tong, Willem Van den Hoek, Yoel Diaz Vázquez, Jeanne-Ange Wagne, Helen Wong, Robert Young, Ola Zielińska.

LABO*R. EIN AUFRUF ZUM HANDELN... EINE BASIS FÜR HOFFNUNG

06.07.–24.08.2024
Donnerstag–Sonntag 14:00–19:00

SAVVY Contemporary
Reinickendorfer Straße 17 13347 Berlin

savvy-contemporary.com


Maximilian Wahlich

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Titel zum Thema SAVVY Contemporary:

AUFRUF ZUM HANDELN
Besprechung: SAVVY Contemporary versteht sich als ein Archiv, Ausstellungsort und Diskursforum für dekoloniale Praktiken. Das aktuelle Programm heißt TRANSITIONS (dt.: Übergänge).

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