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Die multimediale Schau Swim City, konzipiert vom Schweizerischen Architekturmuseum S AM in Basel und dort im Sommer 2019 gezeigt, ist jetzt nach einer Station im Hamburger AIT-ArchitekturSalon im DAZ angelangt.
Mal kurz oder ausgiebig in einem sauberen Fluss baden? Die Schweiz macht´s möglich. In Bern, Basel, Zürich und Genf können alle, die es wollen, das Schwimmen in den Flüssen, die durch diese schönen Städte fließen, gratis genießen. Das Eintauchen ins kühle Nass ist dort ein urbaner Massenspaß. In Bild, Wort und auf zahlreichen Monitoren vermittelt die Swim City, wie die Schweiz einige ihrer Flüsse in öffentliche Schwimm- und Erholungsräume verwandelte. Weil das zu einer offensichtlichen Verbesserung der Lebensqualität in einer dicht bebauten Umgebung führt, dient die Schweiz als Vorbild für zahlreiche Projekte, deren Ziel es ist, die Fließgewässer auch für andere Städte zurückzuerobern. Dazu gehören neben dem Stadtbad Berlin, das 2025 eröffnet werden soll, Ilot Vert in Paris, Pool Is Cool in Brüssel, Thames Baths in London, +Pool in New York und die Charles River Swimming Initiative in Boston, die in der Swim City umfassend und ansprechend präsentiert werden.
Rheinboje und Wickelfisch
Am Anfang der Ausstellung über das Flussschwimmen im urbanen Raum steht eine rote Rheinboje zur Trennung von Schiffen und Schwimmenden. Andreas Ruby (* 1966 in Dresden), einer der Ausstellungskuratoren, erklärt: „Als ich 2016 nach Basel gekommen bin, um dort das Architekturmuseum zu leiten, war meine erste Erfahrung, über die Brücke des Rheins zu gehen und zu merken, wie die Leute dort einfach ins Wasser springen. Man muss sich das so vorstellen: Da fährt ein großes Schiff, das von Rotterdam kommt, mitten durch den Fluss, und auf einmal sieht man dort Leute links und rechts baden“. Hinter der Boje auf dem Tisch liegt ein orangefarbiger Wickelfisch. Was ist denn das? – Ein wasserdichter Badesack mit Klettverschluss, den der ehemalige Gymnasiallehrer für Deutsch und Geschichte, Tim Ahmels erfunden hat, als er 1996 von Leipzig nach Basel umgezogen war. Es ist ein beliebtes, inzwischen industriell produziertes Utensil, das es ermöglicht, beim Schwimmen Sachen dabei zu haben, die nicht nass werden dürfen. Was wäre die Schweizer städtische Schwimmgemeinschaft ohne ihre Sachsen?
Tradition und Kommunikation
Dass sich in der Schweiz das urbane Schwimmen zu einem Massenphänomen entwickeln konnte, ist kein Zufall. Bereits im Mittelalter war das Baden im Rhein, trotz Badeverbot, ein beliebtes Freizeitvergnügen der Basler Bevölkerung. Im 19. Jahrhundert wurden auch in Genf, Zürich und Bern Flussbäder eingerichtet. Das Interesse am Schwimmen in städtischen Flüssen nahm im 20. Jahrhundert wegen der Industrialisierung und Wasserverschmutzung ab. Anfang der 1980er Jahre begannen die Schweizer Städte, Abwasserreinigungsanlagen zu bauen. Die Flüsse wurden revitalisiert, die Uferpromenaden saniert, die Infrastruktur wie Treppen, die in den Fluss führen, Umkleidekabinen, Imbisse und Grillplätze gebaut, neue Bänke, Duschen und Schließfächer aufgestellt. Durch diese Maßnahmen wurden die Flüsse tatsächlich noch lebendiger und transformierten sich in Orte, wo neben dem gemeinsamen Schwimmen, Rudern, Tauchen und Ballspielen, auch generationsübergreifende Kommunikation stattfindet.
Menschen fühlen sich wie neugeboren
„Das ist ein großer Gewinn für diese Städte, denn sie haben auf einmal sehr viel öffentlichen Raum“, sagt Andreas Ruby. „Zum Beispiel in Bern fließt die Aare in einer unglaublich schönen, gewundenen Kurve mitten durch die Stadt, und an ganz verschiedenen Orten gibt es die Möglichkeit, baden zu gehen. Die Leute schwimmen durch diesen Fluss, laufen zurück und gehen wieder ins Wasser. Das Flussschwimmen ist eine absolut demokratische und gemeinschaftliche Kultur. Und so gehen in der Downtown von Zürich, wo es ganz viele Büros gibt, die Leute im Sommer, wenn es heiß ist, in der Mittagspause einfach für eine halbe Stunde in die Limmat, um abzukühlen. Dann gehen sie wieder ins Büro – und fühlen sich wie neugeboren. Und wenn man vom Genfer See in die Rhône schwimmt, wird spürbar, dass das Wasser sich bewegt, eine Strömung hat. Man kann zum Point de la Jonction (wo sich die Rhône und die Arve treffen) schwimmen und dann wieder zurück.“ Und dabei immer an die Devise der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG denken: „Genießen und gesund wieder nach Hause kommen.“
Es blubbert und perlt
Einer der Höhepunkte der Swim City ist die Filminstallation unter dem Titel Die Stadt – vom Fluss aus gesehen von Jürg Egli. Der Zürcher Electronic Media Artist schuf sie 2018. Ein extra dafür vom Künstler konstruiertes Kamerafloß ermöglichte es ihm, Aufnahmen über und unter dem Wasser zu machen. Es ist ein besonderes Erlebnis, dem bunten, ausgelassenen und doch sehr disziplinierten Schwimmvergnügen in Basel, Bern, Zürich und Genf zu folgen. Weil die Drei-Kanal-Installation auf einen dunklen, recht durchsichtigen, drapierten Vorhang projiziert wird, scheinen sich die türkisblauen oder smaragdgrünen Flüsse samt der darin Schwimmenden zu bewegen. Sie lassen sich auf ihren Wickelfischen vom Wasser treiben oder tauchen – und wir mit ihnen. Die Suggestivkraft dieses Films ist so stark, dass er zu einem lebensechten, sinnlichen und fast schon hautnahen Badegeschehen wird. Wir sehen zugleich, wie die Städte und ihre gepflegten alten Häuser und Kirchen am Wasser vorbeiziehen, wie ein leichter Wind die Oberflächen der Flüsse kräuselt oder wie es darunter, durch die Bewegungen der Taucher hervorgerufen, blubbert und perlt. Felix Helvetia! Glückliche Schweiz, wo der Traum vom Schwimmen im urbanen Raum so schön verwirklicht wurde.
Swim City
Eine Ausstellung des S AM, kuratiert von Barbara Buser, Andreas Ruby und Yuma Shinohara
Bis zum 2. August 2020
Deutsches Architektur Zentrum DAZ
Wilhelmine-Gemberg-Weg 6, 2. Hof, 10179 Berlin
Öffnungszeiten: Mi – So, 15 – 20 Uhr
www.daz.de
Zur Ausstellung ist im Christoph Merian Verlag die Publikation Swim City erschienen, herausgegeben vom S AM, 224 Seiten, 38 Euro
Titel zum Thema Deutsches Architektur Zentrum DAZ:
Schwimmen im Fluss als urbaner Genuss. Die Ausstellung „Swim City“ im Deutschen Architekturzentrum
Ausstellungsbesprechung: Mal kurz oder ausgiebig in einem sauberen Fluss baden?
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