Buchbesprechung: Die Frage nach einer Definition von Interaktivität wurde schon oft gestellt. Der kleinste gemeinsame Nenner vieler Erklärungen ist das Vorhandensein einer wechselseitigen Bezugnahme zwischen Betrachter auf der einen und Computer oder Kunstwerk auf der anderen Seite. Allerdings müssen unterschiedliche Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen, denn ein simples Bereitstellen von Informationen, aus denen man sich individuell bedient, reicht nicht aus. Was ist also interaktive Kunst? Was trennt Interaktion von einer simplen Reaktion? Ein kleines Buch hat sich 24 bisher als interaktiv bezeichnete Kunstwerke der letzten 40 Jahre vorgenommen und sie nach heutiger Definition auf ihren Interaktivitätsgrad hin untersucht.
In kurzen zweisprachigen Artikeln wird erst das Kunstwerk beschrieben und interpretiert, in einem Nachsatz dann auf die spezifische Technik eingegangen. Jedem Abschnitt werden allerlei Diagramme und Tabellen vorangestellt, die aufgrund fehlender Achsenbeschriftungen eher rätselhaft und beliebig als erhellend wirken. So wird aus den Texten z.B. nicht ersichtlich, warum keines der besprochenen Kunstwerke über einen Interaktivitätsindex von höchstens 9 Prozent, dargestellt in Kreisdiagrammen, hinauskommt. Dass der kleine Abbildungsteil kaum erhellend ist, liegt in der Natur der Sache: Interaktive Kunst kann man nicht einfach abdrucken. Eine Herausforderung sind auch die Werkbeschreibungen. Nicht immer kann man sich nach der Lektüre der kurzen Texte die Kunstwerke wirklich vorstellen.
Mit Dan Graham, Bruce Nauman, Jana Linke oder Rotraut Pape sind bekannte und weniger bekannte Künstler vertreten. Robert Rauschenbergs Echo-Installation „Soundings“ (1968); verspiegeltes Plexiglas, das erst nach geräuschvollen Reaktionen des Publikums den Blick auf Siebdrucke freigibt, wird ein hoher Grad an Interaktivität abgesprochen, da dem Besucher nur zwei Möglichkeiten bleiben: Stille und nichts sehen oder Lärm und etwas sehen. Ein Kunstwerk, dass die Bezeichnung interaktiv verdient, ist dagegen die "PainStation" (2001) von Volker Morawe und Tilman Reiff: Zwei Betrachter werden zu Video-Spielern, treten gegeneinander an und bekommen je nach Fähigkeiten die direkten Konsequenzen ihres Spiels zu spüren: Eine Hand liegt auf einem Sensor und wird bei Fehlleistungen mit Hitze, Strom- oder Peitschenschlägen bestraft.
Dass Kunst immer wieder neu nach ihrer Relevanz befragt werden muss, rückt das kleine Buch unmissverständlich ins Bewusstsein. Es gibt weiterhin einen Einblick in die in Zukunft noch wichtiger werdende Gattung der interaktiven Kunst und ist daher ein guter Ausgangspunkt für eine Beschäftigung mit derselben.
weitere Informationen zu "PainStation": http://de.wikipedia.org/wiki/Painstation
Gerrit Gohlke: No Such Thing.
Hg. Media Arts Lab, Künstlerhaus Bethanien Berlin
ISBN 3-932754-80-8
Preis: 5,00 Euro
Titel zum Thema No Such Thing:
No such thing
Buchbesprechung: Die Frage nach einer Definition von Interaktivität wurde schon oft gestellt. Der kleinste gemeinsame Nenner vieler Erklärungen ist das Vorhandensein einer wechselseitigen Bezugnahme zwischen Betrachter auf der einen und Computer oder Kunstwerk auf der anderen Seite.
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