19 Uhr: Künstlerin mit dem Schwerpunkt Zeichnung. Im Rahmen der Finissage zur Ausstellung "(Dis)ordering Things". oqbo | raum für bild wort ton | Brunnenstr. 63 | 13355 Berlin
Daten, Diagramme und Schauplätze der Gewalt: Seit bereits zehn Jahren deckt die Rechercheagentur Forensic Architecture Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen und andere Formen von Ungerechtigkeit auf, der sich Staaten und Unternehmen gleichermaßen bedienen – in drei Teilen bringt die Ausstellung Three Doors im Haus der Kulturen der Welt (HKW) nun das strukturelle Versagen des deutschen Polizeiapparates zusammen.
Zehn Monitore inmitten einer unscheinbaren Konstruktion im Vorraum des HKW. Jeder von ihnen zeigt eine andere Person, die nüchtern und doch nicht selten berührt in die Kamera spricht: Es sind die Überlebenden und Angehörigen der Opfer, die hier über den rassistischen Terroranschlag berichten, bei dem am 19. Februar 2020 Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili-Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin in Hanau ermordet wurden. So beginnt die Ausstellung Three Doors. Still, bedächtig und ohne Wut lässt sie ein immenses Konvolut von Fakten für sich sprechen, – aber auch jene Menschen, die von dem Tag vor nun bereits zweieinhalb Jahren am meisten betroffen sind. Ihre Verzweiflung, ihre Geduld und ihre unerschütterliche Ausdauer im Kampf um die Aufklärung des Verbrechens sind an jeder Stelle spürbar, machen wütend und ohnmächtig zugleich. Sie sind es, die von Staat und Justiz nur widerwillig und schwerfällig gehört werden. Sie waren es auch, die Forensic Architecture mit einer zweiten, unabhängigen Begutachtung beauftragten.
Dort, wo Staaten und Unternehmen bewusst oder unbewusst versagen, beginnt die Arbeit von Forensic Architecture – ein Zusammenschluss von Kreativen und Kulturschaffenden, die am Centre for Research Architecture des Goldsmiths, University of London Menschenrechtsverletzungen nachgehen, Beweise sichern und schließlich aus frei verfügbaren Daten Räume rekonstruieren, die eines gemein haben: Sie alle sind oder waren Schauplätze der Gewalt. Erst in der Erschaffung dieser digitalen wie analogen Räume werden die Unregelmäßigkeiten der vorangegangenen Recherchen von Staat und Justiz und somit die Ausmaße der Gewalt sichtbar. Im HKW sind es drei Türen, die wie Mahnbilder die Muster und Strukturen fehlerhafter Polizeiarbeit verkörpern: Die erste ist der verschlossene Notausgang der Arena Bar, durch den am 19. Februar 2020 Gökhan Gültekin, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović und Ferhat Unvar nicht entkommen konnten. Die zweite Tür ist der Hauseingang des Täters von Hanau, der in der Nacht des Anschlags von der Polizei nur unzureichend überwacht wurde. Die dritte ist die Tür zu der Zelle, in welcher der Asylsuchende Oury Jalloh aus Sierra Leone am 7. Januar 2007 verbrannte.
Die Daten und Diagramme, Videoanalysen und Raumnachbildungen, die von Forensic Architecture – in Zusammenarbeit mit der Initiative 19. Februar Hanau und der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh – zusammengetragen wurden, überwältigen. Sie zeigen Justiz und Staat, dass Wissen Widerstand ist, schüchtern ein mit einem gewaltigen Kenntnisvorsprung im Bereich der digitalen Forensik. Bis ins kleinste Detail stellen Zeitleisten die Ereignisse seit dem 19. Februar und die Tatnacht selbst dar. Ein Video-Triptychon zeichnet den Weg von Vili-Viorel Păun nach, der den Täter vom ersten Anschlagsort mit dem Auto verfolgte, von einer weiteren Tat abhielt und schließlich vor der Arena Bar von ihm erschossen wurde. Drei Videoarbeiten fassen die Ereignisse der drei Schauplätze zusammen – die Ausstellung endet mit der rekonstruierten und begehbaren Zelle von Oury Jalloh, anhand welcher aus Bildmaterial zusammengesetzte Flammenspuren analysiert und erklärt werden. Fakten, schwarz auf weiß werden so klar deutlich, dass sie in die Realität der beiden Tatnächte holen. Sie verkörpern die Schwere und Wucht, mit der sie auf Angehörigen lasten – die unbegreifbare Ungerechtigkeit, die sich hier zugetragen hat und den Schmerz, der mit jedem Tag, an dem die Taten unaufgeklärt bleiben, größer wird.
Die Ausstellung Three Doors ist noch bis zum 30.12.2022 im Haus der Kulturen der Welt zu sehen. Sie ist Teil des Recherchezentrums Investigative Commons, das Forensic Architecture im Jahr 2021 gemeinsam mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin initiiert hat.
Three Doors
5.11.–30.12.2022
Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin
www.hkw.de
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