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HAP Grieshaber 100 - Zeitgeschehen und Natur. Ausstellung im Kunstforum der Berliner Volksbank

von Verena Straub (22.01.2009)


HAP Grieshaber 100 - Zeitgeschehen und Natur. Ausstellung im Kunstforum der Berliner Volksbank

Malgré tout – trotz allem. So beschrieb HAP Grieshaber seine Einstellung zu künstlerischem Arbeiten während der Nazi-Zeit, zugleich ist durch diese Worte des Widerstands auch der Ausdruck seiner Holzschnitte treffend auf den Punkt gebracht.
Der schwäbische Künstler, der am 15. Februar 100 Jahre geworden wäre, wird im Kunstforum der Berliner Volksbank mit einer umfassenden Ausstellung gewürdigt. HAP Grieshaber wird dabei als politisch sensibler Zeitchronist gezeigt, der mit seinen Werken nicht nur Zeichen gegen politische Ungerechtigkeiten oder die Zerstörung der Umwelt setzte, sondern mit agitatorischen Plakaten auch aktiv ins politische Geschehen eingriff.

Die Ausstellung orientiert sich weitgehend chronologisch an der Geschichte des 20. Jahrhunderts, deren Erschütterungen Grieshabers Bilder seismographisch nachzeichnen.
1933 von den Nazis als „entartet“ diffamiert und mit Berufsverbot belegt – findet Grieshaber „trotz allem“ einen Weg, seinen authentischen Stil zu wahren und ein beachtliches Werk zu schaffen. Diese Schaffensperiode wird v.a. dominiert von – der Nazi-Ideologie scheinbar angepassten – Themen wie bäuerlicher Arbeit und Heimatmotive. Doch zeigt sich in seinen kantig reduzierten Schnitten eine vollkommen unpathetische und unsentimentale Sicht, die der der Nationalsozialisten auf subtile Art und Weise widerspricht. Der „Pflüger“ (1938), der hinter seinem kraftlosen Gespann herläuft, karikiert geradezu die heroisierende Bauernmalerei, die vom Regime propagiert wurde. Dennoch spart Grieshaber – anders als z.B. die Bilder von Otto Dix, auf denen Kriegserlebnisse thematisiert werden – die direkte Konfrontation mit dem Thema Krieg weitgehend aus.

In den 60er und 70er Jahren sucht er hingegen die Auseinandersetzung mit der politischen Öffentlichkeit auf viel unmittelbarerem Wege: Mit Hilfe des Plakats setzt sich Grieshaber ganz konkret für die Freilassung des aus politischen Gründen verhafteten mexikanischen Malers Siqueiros („Flugblatt für Siqueiros“, 1964) ein oder nimmt Stellung zur Ermordung des chilenischen Präsidenten Salvador Allende 1973. Seit den späten 50er Jahren machte sich der „Homme engagé“ Grieshaber zudem im Kampf für den Umwelt- und Tierschutz verdient, wofür er als Medium zur Kommunikation 1965 die Zeitschrift „Engel der Geschichte“ gründete. Wurde Grieshaber im Nazi-Regime gezwungen, seine Kritik vorsichtig, auf subtil verborgene Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, nutzte er seine Kunst nun als öffentlichkeitswirksames Sprachorgan.

Bei all der politischen Präsenz und Aktivität wäre es jedoch verfehlt, die Bedeutung von Grieshabers Kunst lediglich auf deren politische Dimension zu reduzieren.
Seine raumgreifenden Drucke, die als wichtige Inspirationsquelle für viele Künstler dienten, erweiterten in ihrer Plastizität und vitalen Gestik die Ausdrucksform des Holzschnitts zu einer bislang ungesehenen Bildwirkung, indem er dem Holzdruck „die ganze Polyphonie und ikonographische Skala der Malerei abverlangte“, wie Manfred Schneckenburger, der Kurator der Ausstellung, es in den Achtzigern einmal treffend formulierte.
Klar gesehene, auf den Umriss verknappte Formen werden überlagert von pulsierenden Liniennetzen und fein gezogenen Details, die dem traditionell Schroffen des Holzschnitts einen poetischen Hauch verleihen.
Dies kommt vor allem in seinen farbintensiven Naturdarstellungen zum Ausdruck, die seit den späten 50ern entstanden sind und in der Ausstellung als Gegenpol zur politischen Arbeit Grieshabers dargestellt werden. Inwieweit diese Kategorisierung seines Werks in politische und unpolitische Arbeiten sinnvoll bzw. überhaupt möglich ist, darüber lässt sich streiten.

Es ist offensichtlich, dass HAP Grieshabers Kunst eng am und mit dem Zeitgeschehen verläuft. Dies macht die Ausstellung durch eine klare, wenn auch etwas brave, chronologische Ordnung sowie anhand vieler hilfreicher Erläuterungen zum historisch-politischen Hintergrund deutlich. Gleichzeitig könnte dies auch als das Problem der Ausstellung formuliert werden: Dass Grieshabers Werke teilweise zu sehr an die Ereignisse der Zeit geknüpft werden – und somit Gefahr laufen als Illustrationen der Geschichte wahrgenommen zu werden.
„Trotz allem“ - Grieshabers Holzschnitte sind gerade heute, aufgrund ihres Mutes sich zu widersetzen und Stellung zu beziehen, hochaktuell und in ihrer Kraft mit der die Farben und Formen die Grenzen der herkömmlichen Holzdruckkunst sprengen nach wie vor faszinierend anzusehen.

Abbildungen:
- Berolina, 1952, Holzschnitt auf Kupferdruckkarton, 149 x 100 cm
Staatliche Museen zu Berlin - Kupferstichkabinett
© bpk, Berlin, 2008
Foto: Fotoatelier Volker-H. Schneider, Berlin
- Gefesselte Taube, 1950, Holzschnitt (Weißschnitt) auf Werkdruckpapier, 61 x 82 cm
- Harpunier am Wal, 1974, Holzschnitt (schwarz) auf Karton, 39 x 26 auf 43 x 31 cm
- Floret silva, 1965, Holzschnitt auf Japanpapier, 57 x 38 cm

alle Privatsammlung, © VG Bild-Kunst, Bonn, 2008, Fotos: Peter Adamik

Ausstellungsdauer: 15. Januar bis 19. April 2009
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 18 Uhr

Kunstforum der Berliner Volksbank
Budapester Straße 35, 10787 Berlin
kunstforum-berliner-volksbank.de

Verena Straub

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Daten zu HAP Grieshaber:


- Daimler Art Collection
- Sammlung Deutsche Bank 2020
- Sammlung Kunstmuseum Liechtenstein
- Sammlung Würth
- Sammlung zeitgenoessische Kunst der BRD


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Titel zum Thema HAP Grieshaber:

Verkauf von Ausstellungsplakaten des Kunstforums der Berliner Volksbank
In den letzten 24 Jahren hat das Kulturforum der Berliner Volksbank mehr als 90 Ausstellungen veranstaltet, darunter Highlights wie "ARP ist da! Skulpturen, Reliefs, Arbeiten auf Papier von Hans Arp" (2005) oder "Friedrich Schinkels Berliner Bauakademie" (1995).

HAP Grieshaber 100 - Zeitgeschehen und Natur. Ausstellung im Kunstforum der Berliner Volksbank
Malgré tout – trotz allem. So beschrieb HAP Grieshaber seine Einstellung zu künstlerischem Arbeiten während der Nazi-Zeit, zugleich ist durch diese Worte des Widerstands auch der Ausdruck seiner Holzschnitte treffend auf den Punkt gebracht.

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